Warum Mädchen anfälliger für Karies sind

Die biochemische Zusammensetzung des Speichels beeinflusst die Kariesentstehung – Mädchen haben dabei schlechtere Voraussetzungen, wie eine neue Studie zeigt.

Es ist bereits seit Längerem bekannt, dass Frauen trotz im Durchschnitt sorgfältigerer Mundhygiene häufiger unter Zahnfleischentzündungen oder Karies leiden als Männer. Bereits im Altertum bestanden – bei gleicher Ernährungsweise – diese Unterschiede zwischen den Geschlechtern, wie eine US-Studie 2008 anhand von Skelettanalysen offenbarte. Eine andere Forschungsarbeit kam 2015 zu dem Schluss, dass genetische Faktoren für die unterschiedliche Kariesanfälligkeit (mit)verantwortlich sind.Nun wurde im Rahmen der 97. Generalversammlung der International Association for Dental Research (IADR), einer weltweiten, gemeinnützigen Dentalforscher-Vereinigung mit rund 12.000 Mitgliedern, eine neue Studie zum Thema vorgestellt. Sie widmet sich der Frage, ob die Geschlechterunterschiede bereits im Kindesalter festzustellen sind. Dazu haben die Forscher das Speichel-Mikrobiom von 44 Mädchen und 41 Jungen im Alter von 2 bis 14 Jahren analysiert. Als Mikrobiom bezeichnet man die Gesamtheit der Mikroorganismen, also die biochemische Zusammensetzung.Das Studienergebnis ist eindeutig: Die bekanntermaßen kariesbegünstigenden Bakterien – etwa Streptococcus, Atopobium, Actinobaculum, Lactococcus lactis, Aggregatibacter und Veillonella parvula – finden sich im Speichel von Mädchen signifikant häufiger als in dem von Jungen. Diese mikrobiellen Unterschiede liefern eine schlüssige Erklärung dafür, dass Mädchen und Frauen stärker mit Karies zu kämpfen haben.Trotz Fortschritten: Prävention bleibt wichtig
Zugleich unterstreicht die Studie, dass eine gute Mundhygiene allein nicht ausreicht, um vor Erkrankungen sicher zu sein. Ein ungünstiges Speichel-Mikrobiom lässt sich nicht „wegputzen“, auch wenn in den letzten Jahrzehnten durch Fluorid-Beimischung zu Zahncreme und Salz, verbesserte Aufklärung und in deren Folge bewusstere Zahnpflege große Fortschritte bei der Kariesbekämpfung erzielt wurden. Noch in den 1980er-Jahren hatten Zwölfjährige im Schnitt sieben von Karies befallene Zähne, heute liegt der Durchschnitt bei weit unter einem Zahn.Die in Berlin-Tempelhof praktizierende Zahnärztin Dr. Uta Janssen rät denn auch zur Vor- und Weitsicht: „Karies-Prophylaxe bleibt eine Daueraufgabe für Kinder und vor allem natürlich für deren Eltern. Das gilt für Mädchen mit ihrer statistisch höheren Anfälligkeit ebenso wie für Jungen. Regelmäßige Kontrolluntersuchungen sollten bereits ab den ersten Milchzähnen selbstverständlich sein, um das Fundament für gesunde und schöne Zähne im Erwachsenenalter zu legen.“Foto: Adobe Stock