Zu viel Paracetamol kann gefährlich werden

Zahnschmerzen auf die Schnelle mit Schmerzmitteln zu betäuben, erscheint vielen Patienten einladend. Doch bei hohen Dosen und längeren Einnahmezeiträumen kann es zu gravierenden Schädigungen kommen.


Es spricht prinzipiell nichts dagegen, bei akuten Zahnschmerzen zu einem Schmerzmittel wie Paracetamol zu greifen. Als Übergangs-Soforthilfe leisten die verschreibungsfreien Medikamente gute Dienste. Doch mehr als ein kurzfristiges Provisorium sollte die Selbstmedikation nicht sein.

„Wer den Schmerz medikamentös unterdrückt, gewinnt damit zwar Zeit, kommt einer Heilung des zugrunde liegenden Leidens jedoch nicht näher. Stattdessen besteht die Gefahr, dass dieses sich weiter verschlimmert und eine Therapie damit am Ende aufwendiger wird“, betont die Zahnärztin Dr. Uta Janssen von der Zahnarztpraxis an der Luftbrücke in Berlin-Tempelhof.

Das ist jedoch nicht der einzige Grund, der gegen eine längerfristige und/oder hochdosierte Einnahme von Paracetamol spricht. Der Wirkstoff hinterlässt nämlich im Organismus seine Spuren. Und die können sogar das Leben des Patienten bedrohen: Bis hin zu einem Multiorganversagen reichen die möglichen Folgen einer Paracetamol-Überdosierung. Eine solche ist in Europa der verbreitetste Grund für akute Leberschäden wie Leberkoma.

Doch auch andere Organe können unter der Fehlanwendung leiden. Die Symptome (Übelkeit, Erbrechen, Appetitlosigkeit, Oberbauchschmerzen, allgemeines Unwohlsein), die meist nach etwa einem Tag auftreten, verschwinden dann irreführenderweise wieder eine Zeit lang. Nach fünf Tagen allerdings kann es zum Organversagen kommen.

50 Millionen Paracetamol-Packungen jährlich
Dass die Deutschen oft und gern zu Paracetamol greifen, lässt sich an den Verkaufszahlen ablesen: Rund 50 Millionen Packungen gehen hierzulande pro Jahr über den Laden- bzw. Apothekentisch. Wie viele Überdosierungen daraus resultieren, wurde zuletzt 2010 vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte erhoben. Ohne Berücksichtigung von Privatversicherten mussten demnach 850 Patienten in die Klinik, weil sie zu viel Paracetamol eingenommen hatten. Welchen Anteil daran Zahnschmerzen als Auslöser hatten, ist nicht bekannt.

Eine britische Studie, deren Ergebnisse kürzlich veröffentlicht wurden, liefert jedoch einen Hinweis. Nach Auswertung von 436 Fällen unbeabsichtigter Paracetamol-Überdosierungen beziffern die Forscher den Anteil der Zahnschmerz-Patienten auf knapp 40 Prozent.

„Bei akuten Zahnschmerzen sollte man schnellstmöglich ärztliche Hilfe in Anspruch nehmen. Eine Selbstmedikation gefährdet nicht nur Leib und Leben, sondern hilft zahnmedizinisch auch nicht weiter“, resümiert Zahnärztin Dr. Janssen.

Foto: Taking pills. © LumineImages